Abspiel-Signatur
 
Start
Test
Regel
Top
Autoren
Chronik
Spaß
Kontakt

Der Herr der Ringe

Abspiel - Spieletest

Bestellen bei Spielenet

Anzahl Spieler: 2-5
Ab Alter: 10
Spieldauer: 120 Minuten
Autor: Reiner Knizia
Hersteller: Kosmos
Erscheinungsjahr: 2000

Die Geschichte

Wer den Herrn der Ringe kennt, braucht dies nicht zu lesen, sondern kann gleich zur Beschreibung des Spiels gehen. Das Spiel lehnt sich eng an die Trilogie "Herr der Ringe" von J.R.R.Tolkien an. Darum ist ein wenig Wissen um die Handlung hilfreich, um die Athmosphäre des Spiels zu spüren. Dabei hilft auch die wundervolle graphische Gestaltung des Spielmaterials.

Mittelerde ist eine friedliche Welt, bevölkert von vielen edlen und magischen Wesen. Und der friedlichste Teil ist das von den Hobbits bewohnte Auenland im Norden. Die kleinen Hobbits gehen ihren kleinen Späßen und Freuden und ihren kleinen Eitelkeiten nach. Doch nun tauchen plötzlich überall in Mittelerde die Nazgul, die schwarzen Reiter auf und verbreiten Schrecken, wo immer man sie sieht. Sogar bis ins abgelegene Auenland sind sie vorgedrungen. Sie scheinen nach etwas zu suchen, aber wonach nur?

In seiner Jugend hat Hobbit Bilbo das Land bereist und viele Abenteuer erlebt, deren Geschichte die Abende vor dem Kamin bereichern. Doch Bilbo hat noch etwas anderes ins Auenland gebracht, einen Ring. Es ist ein besonderer Ring, einer von Dreien, ein Ring der Macht. Und jetzt ist der dunkle Herscher Sauron in Mordor erwacht, beginnt seine alten Fesseln abzustreifen und braucht die Macht dieses Ringes, um sein Reich des Bösen zu errichten. Er kann sein Gefängnis noch nicht verlassen, hat aber die Nazgul ausgeschickt und viele Böse Wesen in Mittelerde wieder gestärkt.

Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und alle zu binden,
Im Lande Mordor, wo die Schatten drohn.

Deshalb ist der uralte weise Zauberer Gandalf ins Auenland gereist, nach Bruchtal zu Bilbo. Der Ring verdirbt seine Träger, darum darf kein Wesen mit Macht diesem Ring verfallen, sondern Hobbits sollen ihn vom Auenland ins ferne Land Mordor tragen und in den Vulkan werfen, denn nur dort, wo er geschmiedet wurde, kann er wieder vernichtet werden. Doch Bilbo ist zu alt und so soll sein Neffe Frodo den Ring tragen. Ihm schließen sich seine Freunde Sam, Pippin, Merry und laut diesem Spiel auch Dick an.

Gandalf wird immer zu Hilfe kommen, wenn die Bedrängnis am größten ist. Den Ring sollen sie auf keinen Fall nutzen, denn er verleiht ihnen große Macht und Hellsichtigkeit, macht sie jedoch für Sauron sichtbar und zehrt an ihren Kräften. Zeitweise ist Frodo so geschwächt, dass er den Ring einen anderen Hobbit tragen läßt. Gollum ist ein seltsames, schleimiges Wesen. Er sucht die Nähe des Ringes, denn er besaß ihn lange Zeit, bevor Bilbo ihn ihm abgenommen hat. Gollum ist sowohl eine große Hilfe, weil er das Land kennt, als auch eine große Gefahr, weil er den Ring in seinen eigenen Besitz bringen will.

Die gefahrvolle Reise beginnt in Beutelsend und führt sie ins unterirdische Reich von Moria, in dem sie nur knapp den Gehilfen Saurons, den Wölfen, den Orks und dem Balrog entgehen. Diesen Weg haben sie gewählt, weil hier Sauron am wenigsten nach ihnen Ausschau halten wird. Im Land der Elfen Lothlorien können sich die Gefährten erholen, bevor sie den schweren Teil der Reise antreten. Die Reise geht weiter zu Helms Klamm, durch die Schlachten zwischen den guten und Bösen Mächten, in denen auch die sich bewegenden Bäume, die Ents eingreifen, ganz entgegen ihrer Art. Sie müssen die Böse Spinne Kankra besiegen um schliesslich in Mordor anzukommen und den Ring im Vulkan zu vernichten.

Das Spiel

Dem Spieleautor und Mathematiker Dr. Reiner Knizia haftet der Ruf an, er würde nur konstruierte, athmosphärelose Spiele entwickeln. Häufig werden seine Spiele besonders darauf hin auseinander genommen, um ungerechterweise zu zeigen: Es ist wieder nur ein mathematisches Gerippe, an dem ein paar Fleischfetzen flattern. Doch mit diesem Ruf dürfte es nun endgültig aus sein, denn ein Spiel mit mehr Athmosphäre als "Herr der Ringe" kann es kaum geben. Der gesamte Ablauf ist stimmig mit der Geschichte verwoben.

Noch einem Vorurteil hat sich Knizia gestellt: Kooperative Spiele sind gähnend langweilig, denn durch die fehlende Konkurrenz der Spieler kommt keine Spannung auf. Nun werden wir vielleicht nicht jeden eingefleischten Strategen und Armeenschieber mit diesem Spiel vom Gegenteil überzeugen, aber wir fanden es nervenzerfetzend, gegen das Spiel zusammen anzukämpfen.

Nun kommen wir kurz zum Spielmechanismus. Die bis zu fünf Hobbits starten im Licht auf Feld 0 des Hauptspielplans, ihnen steht auf Feld 15 Sauron in der Finsternis gegenüber. Frodo ist zunächst der Ringträger Die beiden Parteien wandern im Lauf des Spiels aufeinander zu und die Hobbits haben verloren, wenn Sauron den Ringträger erreicht. Jeder Hobbit hat einen andren Charakter: Er ist genügsam, wiederstandfähiger gegen Schaden, besonders fähig oder bekommt zusätzliche Hobbitkarten.

Die Hobbits reisen durch 7 Orte, 4 davon sind Abenteuer. In Beutelsend rüsten sie sich für die Reise mit Hobbitkarten und Sonderkarten aus. Dies setzt sich in Bruchtal fort.

In Moria beginnt das erste Abenteuer. Der dem Abenteuer entsprechende Spielplan wird ausgebreitet, die Ereigniskärtchen werden gemischt und die Anzeiger auf den Spielplan gestellt.

Der Ringträger deckt die oberste Ereigniskarte auf. Es kann ein Vorrücken von Sauron ins Licht oder eines Hobbits in die die Finsternis sein. Es kann ein Ereignis auskösen, das sich manchmal duch Abgabe von Hobbitkarten oder Karte/Lebensplättchen/Schild verhindern läßt.

Die sechs möglichen Ereignisse eines Abenteuers werden durch Vorrücken eines Anzeigers gekennzeichnet. Manchmal kann man durch Abgabe von Karten, Lebensplättchen oder Schilden Dinge bekommen oder verhindern, dass Sauron vorrückt oder man würfeln muss. Würfeln ist immer schlecht und sollte darum vermieden werden: Ein Hobbit muss Richtung Finsternis, Sauron rückt vor oder man muss zwei Karten abgeben. Wenn ein Hobbit vorrücken muss, kann man mit den anderen Spielern vereinbaren, wer geht.

Wenn ein Ereigniskärtchen mit einem der Aktionen Freundschaft, Flucht, Kampf oder Versteck aufgedeckt wird, deckt der Spieler keine weiteren Ereigniskärtchen mehr auf. Der Abenteuerspielplan zeigt drei (Moria: vier) Aktionsleisten mit einem Anzeiger und Symbolen in jedem Feld. Durch das Ereigniskärtchen rückt der Anzeiger der entsprechenden Symbolleiste vor. Entsprechend dem Symbol bekommt der Spieler einen Schild, eine Sonderkarte oder eines der Lebensplättchen Herz, Sonne oder Ring. Manchmal muss auch gewürfelt werden. Dies kann der Ringträger verhindern, indem er einmal pro Abenteuer den Ring aufsetzt und damit Felder der Aktionskleisten überspringen kann.

Der Spieler am Zug kann jetzt ein oder zwei Karten mit Aktionssymbolen ausspielen, auf den entsprechenden Aktionsleisten vorrücken und die entsprechend Schild oder Lebensplättchen einsammeln. Wenn er auf das ausspielen verzichtet, bekommt er zwei Hobbitkarten oder kann einen Schritt Richtung Licht zurückgehen.

Nacheinander führen alle Hobbits diesen Zug aus. Ein Abenteuer ist beendet, wenn entweder das letze schlechte Ereignis mit großem Schaden eintritt oder das Ende der Hauptaktionsleiste erreicht ist. Am Ende des Abenteuers muss jeder Hobbit prüfen, ob er alle drei Lebensplättchenarten hat. Für fehlende muss er je einen Schritt Richtung Finsternis.

Die Sonderkarten haben teilweise besondere Fähigkeiten und können jederzeit für jeden beliebigen Hobbit gespielt werden. Sie können Ereignisse verhindern, Schaden abwenden oder Hobbitkarten bringen. Für fünf Schilde kann auch Gandalf gerufen werden, der dann in einer von fünf Möglichkeiten je einmal hilft.

Haben es die Hobbits es durch alle vier Abenteuer hindurch geschafft, bis zum Vulkan zu kommen, versuchen sie den Ring zu vernichten. Bei Gelingen bekommen alle Spieler 60 Punkte plus Wert der noch vorhandenen Schilde. Gewinnt Sauron das Spiel, bekommen die Spieler Punkt je nachdem, wie weit sie auf ihrer Reise gekommen sind.

Die Kritik

Das Spiel gibt die Athmosphäre des Herrn der Ringe gut wieder. Die Zufälle des Abenteuers schlagen hart zu und nur durch die gute Zusammenarbeit aller Hobbits läßt sich Sauron besiegen. Dafür muss ständig diskutiert werden: Wer soll auf welcher Aktionsleiste vorrücken? Wen soll ein Schaden treffen? Wer muss Richtung Finsternis? Wer gibt Karten, Lebensplättchen oder Schilde ab? Wann soll eine Sonderkarte eingesetzt werden?

Wen juckt es bei anderen Spielen nicht häufig in den Fingern, wenn andere Spieler DEN optimalen Zug nicht sehen? Manches Spiel artet auch zum kooperativen Spiel aus - bei Tikal ist das auch aus Langeweile den Wartenden schon einige Male passiert. Hier wurde dieser unerwünschte Effekt zum Prinzip erhoben.

Das Spiel ist also getrieben von Zufall und vorhersehbaren Ereignissen, gegen die die Hobbits mit (hoffentlich) vereinten Kräften ankämpfen. Manchmal schlägt das Schicksal zu hart zu, wenn mehrere Ereignisse hintereinander auf die Gefährten eintrommeln. Trotzdem ist es wichtig, immer die Bedingungen der nächsten Ereignisse im Auge zu behalten. Nur durch ständige Diskussion und gemeinsame Analyse und Aktion ist das Spiel zu meistern.

Hier liegt auch das Problem des Spiels: Man braucht die richtigen Mitspieler. Sie müssen offen, diskussionsfreudig, manchmal etwas selbstlos, also rundum kooperativ sein. Es ist nicht nur ein Spiel für gute Freunde und solche, die es werden wollen, sondern auch für funktionierende Familien, Manager- und Mitarbeiterlehgrgänge und Erfahrungsgruppen aller Art.

Das Spiel ist spannungsgeladen und wir haben viele nervenzerfetzende Stunden erlebt. Ich denke, dass es für jeden eine Bereicherung ist, wenn er sich auf dieses etwas andere Spiel einläßt. Für mich ist das stimmungsvolle "Herr der Ringe" ein starker Kandidat für ein Spiel des Jahres 2001, mit dem Reiner Knizia endlich die Ehre erfahren würde, die er schon lange verdient hat.

©Mario Boller-Olfert 2000


Marios Welt, EMail:mboller@bigfoot.de